Was für ein Jubiläum! 10. ISTAF INDOOR Berlin begeistert

Montag, 13. Februar 2023


Historische Stabhochsprung-Bestmarke und Diskus-Weltrekord, spek­ta­ku­lä­re Sprints und Sprünge - und Tränen der Rührung: das 10. ISTAF INDOOR in der Berliner Mercedes-Benz Arena war ein Fest der Leichtathletik.

Um 20:46 Uhr am Freitagabend lag den 11.850 Fans beim ISTAF INDOOR in der Mercedes-Benz Arena der Jubelschrei auf den Lippen. Stabhochsprung-Überflieger Armand Duplantis schraub­te sich in noch nie über­sprun­ge­ne Höhen und riss den neu­en Weltrekord von 6,22 Metern im drit­ten Versuch nur ganz knapp. "Es war so eng. Die Sprünge waren bes­ser als ver­gan­ge­ne Woche. Berlin ist ein­fach ein guter Platz für mich, hier sprin­ge ich immer gut. Ein gro­ßer Dank gilt den Fans, ihr habt mich super unter­stützt. Es war gran­di­os hier. Ich weiß nicht, ob ich jemals eine sol­che Atmosphäre erlebt habe wie beim ISTAF INDOOR", lob­te der Höhenjäger aus Schweden nach sei­ner Gala-Vorstellung das Publikum. Auf den Plätzen zwei und drei konn­ten Ernest Obiena (Philippinen) und Kurtis Marschall (Australien; bei­de 5,82 m) den Ausnahmeathleten nicht gefährden.

Ohne Rekord im Gepäck muss­te der Weltrekordler aus Schweden (6,21 m) die Rückreise jedoch nicht antre­ten. Der Olympiasieger flog in gran­dio­ser Manier über 6,06 Meter. Höher ist in der lan­gen ISTAF-Geschichte - Outdoor und Indoor - kein ande­rer gesprun­gen. "Mondo" Duplantis ent­thron­te kei­nen Geringeren als Stabhochsprung-Legende Sergey Bubka. Der Ukrainer war 1994 - fünf Jahre vor der Geburt sei­nes Weltrekord-Nachfolgers - im Olympiastadion über 6,05 Meter gesprun­gen. Nach dem hauch­dünn ver­pass­ten Weltrekord ver­sprach Armand Duplantis: "Wir sehen uns nächs­tes Jahr!" Darauf dür­fen sich die Leichtathletik-Fans in Deutschland schon jetzt freuen!

Eine ande­re Ausnahmeathletin wur­de ihrem Ruf als "Springerin des letz­ten Versuchs" auch beim ISTAF INDOOR in Berlin gerecht: Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) flog im sechs­ten Durchgang auf 6,81 Meter und gewann so gegen hoch­klas­si­ge Konkurrenz. Schon im ers­ten Versuch kam die zwei­ma­li­ge Weltmeisterin unter den Augen von Weitsprung-Legende Heike Drechsler auf 6,72 Meter. Damit war ihr der erneu­te Sieg beim ISTAF INDOOR bereits nicht zu nehmen.

"Ich gehe immer voll moti­viert in den letz­ten Versuch", so Malaika Mihambo. Auch leich­te Knieprobleme konn­ten die Meetingrekordlerin nicht stop­pen. Die 29-Jährige ließ beim ISTAF INDOOR ein Weltklassefeld hin­ter sich. Bis auf drei Zentimeter waren Larissa Iapichino (Italien) und Jazmin Sawyers (Großbritannien) mit jeweils 6,69 Meter an Malaika Mihambo her­an­ge­kom­men. Doch dann setz­te die Weltmeisterin mit 6,81 Metern den stan­des­ge­mä­ßen Schlusspunkt eines hoch­ka­rä­ti­gen Wettkampfs.

Hochkarätig ging's auch auf der blau­en Sprintgeraden zur Sache. Bei den Männern stürm­te Reece Prescod (Großbritannien) über 60 Meter mit 6,49 Sekunden zum neu­en Meetingrekord und stell­te die Weltjahresbestleistung ein. In sei­nem Windschatten gelang Joshua Hartmann eine wah­re Leistungsexplosion. Der Kölner stürm­te nach sei­nem fan­tas­ti­schen Rennen und Rang zwei mit 6,53 Sekunden die Laufbahn noch ein­mal jubelnd und fast genau­so schnell hin­un­ter. Den deut­schen Rekord von Kevin Kranz (Sprintteam Wetzlar) ver­pass­te er in der Mercedes-Benz Arena nur um eine Hundertstel.

"Es war toll, dass die Halle wie­der so voll war wie 2019 und 2020. Das macht rich­tig Spaß, das Publikum trägt dich", jubel­te Joshua Hartmann nach sei­nem Super-Rennen. Seine per­sön­li­che Bestzeit stei­ger­te er gleich um sechs Hundertstel. "Dabei bin ich eigent­lich ein 200-Meter-Läufer. Da will ich in die­sem oder nächs­ten Sommer den Rekord kna­cken." Den Grundstein für schnel­le Zeiten hat der ASV-Sprinter jeden­falls am Freitagabend beim ISTAF INDOOR gelegt. Als Dritter und Fünfter bewie­sen auch Julian Wagner (LC Top Team-Thüringen; 6,56 sec) und Owen Ansah (Hamburger SV; 6,59 sec; Bestzeit) die aktu­el­le star­ke Form der deut­schen Sprinter. Im Vorlauf war Julian Wagner mit 6,55 Sekunden (Persönliche Bestzeit) sogar noch eine Hundertstel schneller.

Die Frauen stan­den in den Leistungen den Männern in nichts nach. Mit 7,05 Sekunden pul­ve­ri­sier­te Daryll Neita ihre Bestzeit und schob sich auf Platz zwei der ewi­gen bri­ti­schen 60-Meter-Bestenliste. "Diese Bestzeit ist unglaub­lich. Ich lie­be ein­fach das ISTAF im Olympiastadion und das ISTAF INDOOR", jubel­te die Britin nach ihrem erneu­ten Triumph beim ISTAF. Auch Gina Lückenkemper hat­te Grund zur Freude. Die Lokalmatadorin vom SCC Berlin lief mit 7,16 Sekunden als Dritte die viert­schnells­te Zeit ihrer Karriere. "Die Stimmung war total geni­al. Die Leute sind rich­tig cool mit­ge­gan­gen. Zwar hat­te ich bei den Läufen vorn Probleme, aber der Top-Speed hat gepasst", sag­te die Doppel-Europameisterin.

Zwischen die EM-Dritte Daryll Neita und Europameisterin Gina Lückenkemper schob sich Tristan Evelyn. Für die Sprinterin aus Barbados ist das ISTAF INDOOR ein­fach das per­fek­te Pflaster. Mit 7,14 Sekunden lief sie nach zwei Landesrekorden Ende Januar beim ISTAF INDOOR Düsseldorf in Berlin eben­falls eine neue Barbados-Bestmarke. Als Vierte und Fünfte stei­ger­ten Lisa Mayer (Sprintteam Wetzlar; 7,20 sec) und Alexandra Burghardt (SV Gendorf Wacker Burghausen; 7,22 sec) ihre Saisonbestzeiten auf der pfeil­schnel­len blau­en Bahn. "Die Nähe zu den Fans beim ISTAF INDOOR ist super, das gibt's nir­gend­wo anders. Das ist groß­ar­tig, denn dafür arbei­ten wir", so Lisa Mayer.

Während das schnel­le deut­sche Trio in den kom­men­den Jahren noch rich­tig durch­star­ten will, war das ISTAF INDOOR das letz­te inter­na­tio­na­le Rennen von Cindy Roleder (SV Halle). Die Vize-Weltmeisterin von 2015 been­det am 18. Februar bei den Deutschen Meisterschaften ihre lan­ge und erfolg­rei­che Karriere. "Das sind kras­se Emotionen. Ich möch­te mich ganz herz­lich bei allen für die Unterstützung bedan­ken. Die Zuschauer fei­ern das ISTAF INDOOR rich­tig, das ist ein gei­les Event. Der Lauf war nicht gut, nicht rund. Aber das ist Nebensache", sag­te Cindy Roleder nach dem Vorlauf über 60 Meter Hürden mit Tränen in den Augen.

Dass sie mit 8,30 Sekunden nicht ins Finale kam, war an die­sem emo­tio­na­len Abend Nebensache. Das Finale ent­schied mit star­ken 7,85 Sekunden Vize-Weltmeisterin Britany Anderson (Jamaika) für sich. Nach deut­scher Jahresbestzeit im Vorlauf (8,18 sec) war Monika Zapalska (TV Wattenscheid 01) im Finale nur knapp lang­sa­mer (8,22 sec). Bei den Männern bahn­te sich David King (Großbritannien) in 7,63 Sekunden als Schnellster den Weg über die 60 Meter Hürden.

Was "Mondo" Duplantis um 20:46 Uhr noch ver­wehrt blieb, gelang Shanice Craft (SV Halle) knapp andert­halb Stunden spä­ter. Im welt­weit ein­zig­ar­ti­gen Diskus-Duell ver­bes­ser­te sie den inof­fi­zi­el­len Hallen-Weltrekord im Diskuswurf - und das gleich zwei­mal. Nach 64,50 Metern im ers­ten Durchgang ließ Shanice Craft im zwei­ten 65,23 Meter fol­gen. Damit stei­ger­te sie ihre eige­ne Bestmarke gleich um 1,20 Meter! Für den Weltrekord erhielt Shanice Craft einen Extra-Bonus in Höhe von 5.000 Euro von ISTAF-Partner Spielbank Berlin.

In der Team-Wertung set­zen sich die Frauen ange­führt von Shanice Craft, Kristin Pudenz (SC Potsdam; 63,24 m), Liliana Ca (Portugal; 60,51 m) und Claudine Vita (SC Neubrandenburg; 59,20 m) deut­lich mit 31:21 Punkten (inklu­si­ve drei Punkte Weltrekord-Bonus) gegen das Männer-Quartett durch. Für das Team sorg­te Daniel Jasinski (TV Wattenscheid 01) mit 62,81 Metern für das Top-Resultat an einem tol­len Leichtathletik-Abend vor 11.850 Fans in der Mercedes-Benz Arena.

Meetingdirektor Martin Seeber: "So schön ist die Leichtathletik. Ich möch­te mich bei den Fans, unse­ren Partner und den her­aus­ra­gen­den Athletinnen und Athleten bedan­ken. Gemeinsam haben sie dem ISTAF INDOOR ein emo­tio­na­les und spek­ta­ku­lä­res Jubiläum beschert."

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Text: Sven Ibald

Foto: Mondo Duplantis springt Meetingrekord beim ISTAF INDOOR 2023. Foto: Tilo Wiedensohler