Wie das Landeskader-Projekt die Nachwuchsförderung am OSP nachhaltig verbessert

7. Juni 2025 | Allgemein

Bei kaum einem anderen Thema herrscht so viel Einigkeit wie bei der Einschätzung der Bedeutung der allgemein-athletischen Bewegungskompetenz für junge Leistungssportlerinnen und Leistungssportler sowie der Wichtigkeit einer langfristigen Karriereplanung. Doch verschiedene Faktoren erschweren oft eine optimale Entwicklung in der Praxis: eine mangelnde allgemeine körperliche Aktivität im frühen Kindesalter, eine zu frühe sportart-spezifische Spezialisierung im Training, ein verfrühter Fokus auf sportlichen Erfolg oder eine fehlende Perspektive für die Vereinbarkeit von Sport und Beruf nach der Schulzeit.

Dies alles führt dazu, dass Talente zunehmend schlechter vorbereitet in das Bundeskadersystem eintreten oder diesen Schritt, trotz vielversprechender Entwicklung im Nachwuchsbereich, gar nicht erst wagen. Um hier entgegenzuwirken, finanziert der Berliner Senat seit 2019 am Olympiastützpunkt Berlin (OSP) vier Stellen in den Bereichen Laufbahnberatung, Physiotherapie und Trainingswissenschaften. Neben der kontinuierlichen Betreuung zahlreicher Berliner Nachwuchsleistungssportprogramme verdeutlichen die folgenden Meilensteine des Landeskader (LK) Projekts dessen erfolgreiche Entwicklung:

Bestandserhebungen – Was passiert wo im Nachwuchsleistungssport in Berlin …

… und welche (präventive) Rolle kann das Athletiktraining in einer spezifischen Sportart spielen? Mit diesen und ähnlichen Fragestellungen begann das LK Projekt. Durch standardisierte Bestandserhebungen für nahezu alle Berliner Nachwuchsleistungsprogramme konnte ein umfassender Überblick generiert werden, um hierauf aufbauend gezielt den Ressourceneinsatz im Projekt zu steuern.

IAT Toolbox – Diagnostik als wichtiger Baustein

Der systematische Ansatz der Bestandserhebungen ermöglichte bereits früh im Projektverlauf einen engen Austausch mit dem Fachbereich Nachwuchsleistungssport des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaft (IAT). Dies führte 2022 zur Anschaffung von Diagnostikmaterial im Wert von gut 20.000 Euro – vermittelt durch das IAT und finanziert durch das DOSB-Projekt „Sieger-Chance”. Seither steht dieses Material für Diagnostikmaßnahmen im Landeskaderbereich zur Verfügung und wird intensiv genutzt – durch Verbände, Stützpunkte und Vereine sowie natürlich auch durch das LK Team selbst.

Inhaltliche Weiterentwicklung – Landeskaderdiagnostik als Katalysator

Traditionell gründen diagnostische Verfahren im deutschen Leistungssport oft auf laborbasierten Methoden mit semi-automatisierten, hoch-individualisierten Auswertungsansätzen. Das Landeskaderprojekt erforderte jedoch neue Abläufe, um große Gruppen junger Sportlerinnen und Sportler unter Feldbedingungen reliabel zu testen sowie um deren Trainerinnen und Trainern schnell eine Orientierung zur allgemeinen athletischen Ausbildung ihrer Schützlinge zu bieten. Mit der Auswahl einer festen Testbatterie aus der Vielzahl möglicher (sportart-) unspezifischer Diagnostikansätze haben wir hier einen ersten Schritt gemacht. Darauf aufbauend war es möglich eine Datenbank für den Berliner Nachwuchsleistungssport anzulegen, die über die nächsten Jahre kontinuierlich erweitert wird. Dies wiederum ermöglichte die Entwicklung einer zeiteffizienten und dynamischen Auswerteroutine. 

Strukturelle Weiterentwicklung – Nachwuchssportgerechte Kraftraumausstattung

Bereits früh stieß das Landeskaderprojekt in der operativen Trainingsbetreuung an seine Grenzen. Viele Trainingsgruppen entwuchsen schnell der Arbeit mit Besenstielen und Gummibändern, während die meisten Krafträume der Berliner Stützpunkte primär für erwachsene Athletinnen und Athleten ausgelegt waren. 2023 konnte das LK Team – finanziert durch Mittel des Landessportbunds (LSB), des Senats, anderer Sportstättenbetreiber sowie durch Eigenbeteiligung einzelner Verbände ­– Trainingsmaterial im Wert von über 100.000 Euro für die Kraftraumausstattung an Berliner Nachwuchsstandorten vermitteln. Es besteht hier sicher weiterhin Entwicklungsbedarf. Aber dank dieses Investitionsboosts haben heute viele Sportarten grundsätzlich nachwuchssportgerechte Trainingsbedingungen in ihren Krafträumen.

Wissenstransfer durch Fortbildung und Forschung

Obwohl Publikationen nicht zum Kerngeschäft des OSP Berlin gehören, ist es unser Anspruch, gewonnene Erkenntnisse weiterzugeben. Dies geschieht durch unsere regelmäßige Präsenz bei Veranstaltungen des wissenschaftlichen Verbundsystems Leistungssport (WVL), durch Artikel im OSP-Magazin sowie dem DOSB-Journal „Leistungssport”, durch die Unterstützung von Projekten des Bundesinstituts für Sportwissenschaften (BISp) aber auch durch Beiträge auf internationalen Kongressen und in internationalen Fachzeitschriften.

Coaches Camp – Trainerausbildung in systematischen Bahnen

Zu Beginn des LK Projekts wurde schnell deutlich, dass die Aus- und Fortbildung der Trainerinnen und Trainer beim Thema Krafttraining im Kinder- und Jugendbereich zwar von essentieller Bedeutung ist, dies aber auch einen erheblichen Teil der Ressourcen des Teams beanspruchen würde, wenn entsprechende Maßnahme in jedem einzelnen Nachwuchsstützpunkt umgesetzt werden würde. Um dies in systematischere Bahnen zu lenken entstand die Idee, einen jährlich wiederkehrenden, einwöchigen, sportartübergreifenden Praxiskurs zu etablieren. Im Jahr 2025 werden wir diesen Kurs, mit organisatorischer Unterstützung der Akademie des Berliner LSBs, zum zweiten Mal durchführen.  

Optionen der Dualen Karriere aktiv kommunizieren und Dropouts reduzieren

Im Nachwuchsleistungssport besteht häufig Unwissenheit über das Angebot der Laufbahnberatung an den OSPs – nicht zuletzt, da dieser Service meistens erst im Bundeskaderbereich zur Verfügung steht. Dies führt immer wieder dazu, dass vielversprechende Talente ihre sportliche Laufbahn vorzeitig beenden. Um dem entgegenzuwirken, informieren wir seit Beginn des Projekts Berliner Landeskader deren Eltern sowie auch deren Trainerinnen und Trainer regelmäßig über die Möglichkeiten der Dualen Karriere – unter anderem durch Vorträge bei Maßnahmen der regionalen Verbände und an den Eliteschulen des Sports. Seit 2024 hat sich das Angebot weiterentwickelt und umfasst nun unter anderem Berufsmessen an den Eliteschulen des Sports sowie gezielte Gruppen- und Einzelcoachings zur Berufswahl. So werden frühzeitig die Weichen für eine erfolgreiche Planung der Dualen Karriere gestellt.

OSP Intern – Kein Team im Team

Von Anfang an verfolgten wir mit dem LK Projekt die Philosophie, kein Team im Team zu entwickeln. Im Mittelpunkt der Arbeit des OSPs stehen die Betreuung der Sportlerinnen und Sportler sowie die Beratung der Trainerinnen und Trainer – dies mit einem ganzheitlichen Ansatz. Auch das LK Projekt folgt diesem Ansatz der engen Zusammenarbeit zwischen den Betreuungsbereichen des OSPs (Trainingswissenschaft, Laufbahnberatung und Physiotherapie). Nun ist dies aber auch zwischen den unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Sportlerinnen und Sportler (Landeskader vs. Bundeskader) möglich – dies unabhängig von der Finanzierung der Stellen einzelner Mitarbeitender.

Fazit und Ausblick

Mit Stolz blicken wir auf die erreichten Meilensteine zurück und mit Zuversicht schauen wir auf die kommenden Entwicklungen. Das LK Projekt am OSP hat sich als nachhaltige Maßnahme zur Verbesserung der Nachwuchsförderung etabliert. Mit kontinuierlichem Engagement und strukturellen Weiterentwicklungen werden wir auch in Zukunft daran arbeiten, jungen Talenten bestmögliche Bedingungen auf ihrem Weg in den Spitzensport zu bieten. Dabei sehen wir, neben der Fortführung der operativen Betreuung und Beratung, die folgenden vier Punkte als Meilensteine der kommenden Monate:

  1. Institutionalisierung von Schulungs- und Informationsevents (#Berufsmesse, #CoachesCamp)
  2. Weiterentwicklung der Trainingsinfrastruktur an Berliner Stützpunkten
  3. Weiterentwicklung des Diagnostikbetriebs (#LKDiagnostikdatenbank, #Auswertesoftware)
  4. Kommunikation der (Entwicklungs-) Arbeit des LK Projekts auch außerhalb Berlins

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