Ein Football-Fan, der selbst lieber über Hürden sprintet

Montag, 03. Mai 2021


Gavin Claypool (16) ist ein großes Talent im Hürdensprint. Und Berlins Nachwuchssportler des Monats April

Riesengroß war die Freude bei Gavin Claypool und sei­nem Trainer Willi Mathiszik, als sie auf die Anzeigetafel schau­ten. Beim Einladungssportfest in Chemnitz hat­te der 16-Jährige Anfang Februar die Bestzeit sei­ner Altersklasse über 60 Meter Hürden auf 7,80 Sekunden ver­bes­sert. Um genau eine Hundertstel war Claypool schnel­ler als Stefan Volzer 2016. Jener Stefan Volzer aus Fellbach hat­te den U18-Rekord aus­ge­rech­net Willi Mathiszik ent­ris­sen, der ihn zuvor seit 2001 gehal­ten hat­te. „Es ist sehr schön, dass Gavin die Bestzeit zurück in unse­re Trainingsgruppe geholt hat“, freut sich der Coach. Sein schnel­ler Lauf bescher­te dem jun­gen Mann nun auch die Wahl zu Berlins Nachwuchssportler des Monats März.

Claypool wurde 2019 auch schon deutscher Meister

Der elf­ma­li­ge Berliner Meister star­tet für den SV Preußen Berlin. Vor dem Rekord war sein größ­ter Erfolg der Gewinn des deut­schen Meistertitels 2019 in der Altersklasse U16 über 80 Meter Hürden. Die Disziplin mit den Hindernissen auf der Strecke hat es ihm beson­ders ange­tan, „weil es nur einen Lauf gibt, wo alles ent­schei­dend sein kann in 13 Sekunden“. Ein klei­ner tech­ni­scher Fehler, ein etwas zu kur­zer oder zu lan­ger Schritt kann das Aus bedeu­ten. „Man muss alles sehr per­fek­tio­nie­ren“, erklärt der jun­ge Mann.

Laut Mathiszik bringt sein Schützling vie­les mit, eine erfolg­rei­che Karriere zu durch­lau­fen. „Gavin ist ein Sportler, wie man ihn sich wünscht“, sagt er, „ist enorm talen­tiert, ehr­gei­zig und moti­viert. Er kann Dinge schnell umset­zen und will danach gleich mehr. Er ver­folgt kla­re Ziele.“ Welches gro­ße Ziel, ist klar. „Die Olympischen Spiele 2024 wären schön“, sagt Gavin Claypool selbst­be­wusst, „2028 wür­de aber auch pas­sen.“ Paris oder Los Angeles – Hauptsache ein­mal dabei sein beim bedeu­tends­ten Sportereignis der Welt. Und er ist ja noch sehr jung.

Claypool ist deutscher und US-Staatsbürger

Geboren ist Claypool eben­so wie sei­ne vier Jahre älte­re Schwester in Edgewood, Kentucky. Sein Vater ist Amerikaner, sei­ne Mutter Deutsche. Weil sie sich in den USA nicht so wohl fühl­te, kehr­te die Familie gemein­sam nach Deutschland zurück. Gavin Claypool hat die deut­sche und die US-Staatsbürgerschaft. Das erklärt sei­ne Liebe zu den Cincinnati Bengals, eine nicht gera­de über­trie­ben erfolg­rei­che Mannschaft aus der Football-Liga NFL. Aber Edgewood liegt nicht weit ent­fernt von Cincinnati, „alle in der Familie sind Bengals-Fans“, erzählt der Leichtathlet. Was soll man da machen?

Selbst Football zu spie­len, kann er sich jedoch nicht vor­stel­len. Dann lie­ber über Hürden flit­zen. Sehr scha­de fin­det er, dass die U18-EM in Rieti/Italien wegen Corona abge­sagt wur­de. Bremsen las­sen wol­len sich Claypool und Mathiszik davon nicht – sie pei­len nun eben die U20-EM Mitte Juli in Tallinn/Estland an. „Vielleicht kann ich mich dafür qua­li­fi­zie­ren“, sagt der jun­ge Mann. Was schwer ist: Die Hürden sind höher und die Konkurrenten bis zu zwei Jahre älter.

Wenn es nicht klappt, war­tet als wei­te­rer Höhepunkt die deut­sche Meisterschaft in Rostock im August. Er star­tet als einer der Favoriten unter Gleichaltrigen. „Dort“, sagt Gavin Claypool, „möch­te ich eine Medaille gewin­nen.“ Er darf nur kei­nen Fehler machen.

Dietmar Wenck, Berliner Morgenpost

http://www.berlin-sport.de/nachwuchssportler-des-monats/